Weiter geht die wilde Vorschau-Fahrt durch die NFL, wo wir heute in Detroit, bei den Lions Halt machen. Als Fragen-Beantworter hat sich freundlicherweise Thomas Psaier, auch bekannt als korsakoff vom Sideline Reporter, zur Verfügung gestellt.
1. Wie ist deine persönliche Einschätzung zum Ezekiel-Ansah-Pick und wie passt er in das Team?
Antwort: Ziggy Ansah ist in erster Linie ein Spieler auf einer Position, die in Detroit nach zahlreichen Abgängen bedenklich dünn besetzt war: Defensive End. Problematisch könnte sein, dass Ansah dadurch schneller als gewollt in eine tragende Rolle gedrängt sein wird. Ansah ist von den athletischen Voraussetzungen so ziemlich genau das, was NFL-Coaches immer suchen, aber er spielt noch keine drei Jahre Football und ist selbst für Laien ersichtlich Stand heute nicht mehr als ein Rohdiamant. Am College lassen sich technische Mängel mit roher Körperwucht übertünchen, aber in der NFL wird es damit nicht getan sein. Ansah wird dann einschlagen, wenn er in den nächsten ein bis zwei Jahren zumindest Grundzüge dieser Technik lernen kann. Ob und wie das gelingt, steht in den Sternen, macht den Ansah-Pick aber zumindest spannend und lohnenswert zu verfolgen. Insofern: Ich freue mich auf diesen Spieler.
2. Chris Houston ist ein guter Cornerback. Doch auf der anderen Seite haben die Lions große Probleme. Kann Zweitrundenpick Darius Slay die Lösung sein?
Antwort: Es bleibt abzuwarten, ob Slay dieses Jahr überhaupt für diese Rolle gedacht ist. Das Defensive Backfield der Lions ist relativ breit aufgestellt, allein, es sind hinter den Safetys Quin/Delmas und hinter CB Houston fast ausnahmslos recht unerfahrene Spieler dabei. Bei jungen Cornerbacks dauert es gerne mal zwei bis drei Jahre, bis sie bei den Profis Fuß gefasst haben, das geht auch den Top-Picks selten anders. Insofern wäre ich nicht überrascht, wenn Detroit Slay zu Beginn rein- und rausrotiert und abwartet, wie der Mann sich einfügt.
Ein Vorteil dürfte die hohe Oktanzahl in Detroits Offense sein, die dafür sorgt, dass sich die Lions-Abwehr nicht überaggressiv verhalten muss; für Slay erleichtert das den Einstieg in die Liga.
3. Welcher Rookie wird vermutlich die meiste Spielzeit bekommen?
Antwort: Sofern er sich nicht verletzt: RG Larry Warford. Der kam in der dritten Runde und gilt als sofort einsetzbar auf einer Position, auf der es in Detroit kaum Alternativen gibt. Warford war vor allem in Mike Mayocks Augen ein exzellentes Prospect und dürfte, sofern er im Trainingslager nicht völlig unter den Erwartungen bleibt, gleich zum Starter ernannt werden.
4. Von welchem undrafted Free Agent erwartest du am meisten?
Antwort: Nach der Entlassung von QB Alex Carder kenne ich nicht einen einzigen UDFA im Lions-Kader und somit wäre jede Prognose ein unnötiger Schuss ins Blaue.
5. Welcher Draft Pick deines Teams hat dich am meisten begeistert?
Antwort: „Begeistert“ ist vielleicht ein zu euphorischer Begriff, aber: Ansah. Sportlich gibt es die – zugegeben kleine – Chance, dass Ansah voll einschlägt und die Liga im Sturm erobert. In diesem Fall läse sich eine D-Line Suh/Fairley/Ansah potenziell konkurrenzlos. Aber bei Ansah gilt vorerst und in erster Linie: Der Weg ist das Ziel. Seine Entwicklung wird eine der interessanteren Storylines nach diesem Draft sein. Weil er auch noch einen genialen Spitznamen („Ziggy“) besitzt und markige Brillen trägt, hat Ansah auch das Potenzial, eine dritte landesweit vermarktbare „Marke“ im Lions-Kader neben Suh und Reggie Bush zu werden. Und ein sympathischer Kerl ist er auch.
6. Welcher Rookie aus 2012, der bisher etwas unter dem Radar geflogen ist (höchstens zwei Starts), könnte 2013 den Durchbruch schaffen?
Antwort: WR Broyles und CB Bentley fallen raus, weil sie mit drei Starts die Voraussetzungen knapp nicht erfüllen, daher muss man sich in die tieferen Regionen des Depth-Chart graben, um den Namen DE Ronnell Lewis zu finden. Dieser ist ein Defensive End, der ein Leben nicht ohne Probleme im persönlichen Bereich führt, aber aufgrund der geringen Kadertiefe auf seiner Position relativ viel Einsatzzeit bekommen dürfte und daher die meisten Gelegenheiten hat, sein Potenzial unter Beweis zu stellen.
7. In Gosder Cherilus (zu den Colts) und Jeff Backus (Karriereende) haben die Lions ihre beiden Starting Offensive Tackles verloren. In Riley Reiff steht schon ein Ersatz bereit, doch wurde weder in der Free Agency noch im Draft ein zweiter Mann geholt. Wird dies ein Problem beim Schutz von Matthew Stafford darstellen?
Antwort: Ja, aber es sollte ein geringeres sein als man gemeinhin annimmt. Das liegt weniger an den neuen Tackles Reiff/Fox, wo man vor allem über letzteren relativ wenig weiß, sondern daran, wie Detroits Offense gebaut ist: Stafford spielt gefühlte 70 Prozent in der Shotgun-Formation und bewies in seiner noch jungen Karriere häufig, Eier aus Stahl in der Pocket zu besitzen. Stafford gehört zu den besseren und mutigeren Quarterbacks in einer von außen kollabierenden Pocket – das ist eher atypisch in der NFL.
Staffords größte Schwächen offenbaren sich dann, wenn er per Druck über die Mitte gezwungen wird, aus der Pocket zu fliehen; dann werden seine Betonfüße blank gelegt und Stafford antwortet mit überhasteten Pässen. Die Innenseite der Line (Guards, Center) gilt im Pass-Blocking als durchaus akzeptabel und sieht in RG Warford zusätzliche Blutauffrischung. Die für Stafford so wichtige Protection über die Spielfeldmitte kann also abgehakt werden – und damit sollte das Pass-Blocking trotz suspekter Tackles keine Sollbruchstelle werden.
PFF.com sieht das freilich anders und bewertet Stafford vor allem bei Pässen mit Druck von links und rechts außen mit recht unterirdischen Noten. Nach Sichtung aller Lions-Spiele der letzten beiden Jahre würde vorerst mit meinem Feeling und meinen (sporadischeren) Notizen gehen.
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