Wir machen mit unserem Draftrückblick weiter in der NFC West, heute mit den Arizona Cardinals. In dieser starken Division erreichte man zehn Siege, was aber nicht für einen Einzug in die Playoffs reichte. Die große Stärke war die Defense (in der NFC West sowieso klar), während die Offense um den soliden Carson Palmer die Aufgabe hatte, die Spiele nach Möglichkeit nicht zu verlieren. In der ersten Runde des Drafts hielten die Cardinals den 20. Pick.
Diesen gaben sie aber an die Saints ab, die für Brandin Cooks hochtraden wollten. Dafür bekamen sie den Erst- und Drittrundenpick der Saints. Mit dem Pick in der ersten Runde wählten sie SS Deone Bucannon von Washington State. Von den körperlichen Voraussetzungen her ist er der vermutlich beste Safety in dieser Draftklasse, seine Leistungen auf dem Feld reichten aber nicht an die der beiden Top-Leute Clinton-Dix und Pryor heran. Er ist ein klassischer „in-the-box“ Strong Safety, der am besten nahe der Line of Scrimmage spielt, um dort seine harten Tackles zu setzen. In Coverage wird er sich noch steigern müssen, aber bereits von 2012 zu 2013 war eine deutliche Verbesserung in dem Bereich zu erkennen. Bei den Cardinals kann er an der Seite von Tyrann Mathieu spielen und die beiden zusammen ein sehr gutes, junges Safety-Duo bilden (sobald Mathieu von seiner Knieverletzung komplett genesen ist). Mit Patrick Peterson und Antonio Cromartie auf Cornerback haben sie vom Potential her ein sehr starkes Backfield.
In der zweiten Runde zogen die Cardinals TE Troy Niklas von Notre Dame. Die Fighting Irish haben in den vergangenen Jahren immer wieder gute Tight Ends in die NFL geschickt (zuletzt Tyler Eifert im letzten Jahr), Niklas möchte der nächste in der Reihe sein. Dafür hat er aber noch einen weiten Weg zu gehen. Bis vor zwei Jahren hatte er nie Tight End gespielt. An der High School war er Offensive Tackle und Defensive End, zu Beginn seiner Zeit bei Notre Dame wurde er als Outside Linebacker eingesetzt. Er bringt hervorragende Maße für einen Tight End mit (6‘6‘‘, 270 lbs) und ist dabei noch sehr beweglich. Auch wenn man denken würde, dass er als ehemaliger Offensive Tackle ein guter Blocker wäre, hat er in diesem Bereich noch Luft nach oben. Er müsste seine Blocks länger halten, besser finishen und im Open Field verpasst er immer wieder Blocks. Sein Route Running ist noch sehr schwach und er muss aufpassen, dass nicht andauernd Pass Interference gegen ihn gepfiffen wird, weil er am College sehr gerne seine Gegenspieler weggeschubst hat, um sich freizulaufen. Mit seiner Statur, Sprungkraft und seinen sicheren Fanghänden sollte er aber gleich von Beginn an eine Gefahr in der Red Zone sein. Aufgrund der Ungewissheit, kam mir der Pick von Niklas in der zweiten Runde etwas zu früh, aber die Cardinals sind schon länger auf der Suche nach einem vernünftigen Tight End. Rob Housler, den man 2011 in der dritten Runde zog, konnte die in ihn gesteckten Erwartungen bisher nicht erfüllen. Nun ist es an Niklas, das besser zu machen.
In der dritten Runde hatten die Cardinals nach dem Saints-Trade zwei Picks. Mit dem ersten, ihrem eigenen, entschieden sie sich für DE Kareem Martin von North Carolina. Martin bringt eigentlich die perfekten Maße und eine sehr gute Athletik mit, um ein sehr gefährlicher Defensive End in einer 4-3 Defense zu sein. Am College hat er es aber nur sporadisch geschafft, seine optimalen Voraussetzungen in gute Plays umzusetzen. Entsprechend hatte ich bei ihm schon die Vermutung, dass er als End in einer 3-4 Defense besser aufgehoben wäre – und so wird es nun auch kommen. Er wird in der kommenden Zeit an Masse (um und bei 20 Pfund) zulegen müssen, um im neuen System zurechtzukommen, dann kann er sich aber in einen sehr guten Starter entwickeln. Er muss „nur“ anfangen, sein Potential besser auszuschöpfen.
Mit dem zweiten Pick in der dritten Runde wählten die Cardinals WR John Brown von Pittsburg State. Nein, ich habe bei der Stadt kein „h“ am Ende vergessen, Pittsburg (ohne „h“) liegt im Südosten von Kansas und ist Heimat der Pittburg State University und dessen Footballteam, den Gorillas, die in der Division II spielen. Entsprechend habe ich keine Spiele von Brown gesehen. Ich kann aber sagen, dass er recht klein ist (5‘10‘‘), mit etwas kurzen Armen, dafür aber verdammt schnell (4,34 Sekunden über 40 Yards bei der Combine). Er kann der Offense als Slot-Receiver eine vertikale Komponente geben und dem Team insgesamt als Returner helfen. Inwieweit er da mit der Free-Agency-Verpflichtung Ted Ginn um Einsatzzeit kämpfen muss, bleibt abzuwarten. In der dritten Runde birgt dieser Pick aber eine Menge Risiko.
In Runde vier fiel die Wahl der Cardinals auf QB Logan Thomas von Virginia Tech. Wenn ich über Quarterbacks der Draftklasse spreche, bezeichne ich Thomas immer wieder gerne als „den Tight End“. Denn er kam eben als Tight End zu den Hokies, wurde dann aber auf Quarterback umgeschult, weil man keinen besseren im Team hatte. Entsprechend schlecht ist seine technische Ausbildung. Er ist zwar groß und kräftig, wie man es sich von einem Quarterback wünscht, und sein Wurfarm gehört zu den stärksten im Draft, jedoch ist seine Genauigkeit in den Pässen oft wie eine Schrotflinte. Er hat noch einen sehr weiten Weg zu gehen, bevor er ein erfolgreicher Spieler in der NFL sein kann. Entsprechend hätte ich ihn auch erst in der sechsten Runde genommen. Dieser Pick scheint aber hauptsächlich von Head Coach Bruce Arians durchgeführt worden zu sein. Thomas könnte ein sehr guter NFL-Quarterback werden, wenn er das richtige Coaching bekommt und dieses dann umsetzt. Als „Quarterback-Flüsterer“ will Arians diese Herausforderung natürlich annehmen. Ob er in ein paar Jahren die Nachfolge von Carson Palmer antreten kann, glaube ich aber erst, wenn ich es sehe.
Im Anschluss wählten die Cardinals noch DE Ed Stinson von Alabama und WR Walt Powell von Murray State. Stinson ist ein Spieler, der in der Rotation als Five-Technique eingesetzt werden kann, Powell ist ein weiterer Small-School-Receiver, der für Tiefe auf der Position sorgen kann.
Der Draft der Cardinals schreit Upside. Bucannon, Niklas, Martin, Brown und Thomas sind alles Spieler, die einen in Shorts und T-Shirts begeistern, im technischen Bereich aber noch Dinge aufzuholen haben. Jeder von ihnen kann ein spezieller Spieler werden, jeder von ihnen kann aber auch in ein paar Jahren sein Geld in der CFL verdienen. So eine Strategie kann sich bezahlt machen, aber auch böse nach hinten losgehen. Von den Positionen her machen die Picks alle Sinn für die Cardinals, allerdings kamen viele der Picks (Niklas, Martin, Brown, Thomas) früher, als ich sie getätigt hätte. Insofern wäre ich als Fan der Cardinals nicht besonders zufrieden.
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